Einen Tag und eine Nacht ist Abel in Berlin unterwegs. Er sucht Joe, seinen Freund, der ihm Heimat bedeutet wie die vertraute Stadt, die sich so rasant verändert. Wie lange war Joe nicht zu Hause, hat er Abel verlassen, geht jetzt eigene Wege? So pilgert Abel durch die Subkultur. Märchenbrunnen und Tiergarten, Kneipen, die Sauna unterm Dach, Orte des Begehrens und fremder Umarmung. Wurden sie für ihre Liebe zur Gefahr? Hat der junge Ostberliner Abel zu viel erhofft vom Leben mit Joe, zugezogen aus katholischer West-Privinz? Hatten sie überhaupt eine Chance? Abels Odyssee öffnet auch den Blick auf seine Herkunft, dieses "Märchenland", das er nicht festhalten kann, vielleicht ebenso wenig wie den Freund.
Michael Sollorz' Romandebüt "Abel und Joe" beschwört mit ungeheurer Zärtlichkeit, Witz und einer lakonisch-präzisen Sprache das Gestern im Heute. Dabei fängt er nicht nur das schwule Lebensgefühl der 1990er Jahre ein, sondern auch die Verlorenheit jener Generation, die nach der deutschen Wiedervereinigung im Osten des Landes neu anfangen musste. Die Neuauflage zum 30. Jubiläum ist eine Einladung, diese zeitlos-melancholische Liebesgeschichte wiederzuentdecken.