Die Entwicklung eines Fallkonzeptes, also eines Verständnisses davon, welche Faktoren bei einer Klientin oder bei einem Klienten zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer psychischen Störung bzw. eines Problems beitragen, steht am Beginn jeder therapeutischen bzw. beratenden Tätigkeit. Die Fallkonzeption bildet den Ausgangspunkt für die Planung der weiteren Interventionen. Ein Fallkonzept berücksichtigt Informationen aus unterschiedlichen Perspektiven und bedarf der fortwährenden Anpassung und Überarbeitung. Das Buch stellt das Vorgehen bei der systemischen Fallkonzeptualisierung anhand zahlreicher Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Anwendungsfeldern dar.
In der systemischen Therapie kann die Methodik der idiographischen Systemmodellierung für die Erstellung eines Fallkonzepts genutzt werden. Gemeinsam mit der Klientin oder dem Klienten wird eine Systemstruktur erstellt, indem relevante Komponenten des biopsychosozialen Systems identifiziert sowie deren Zusammenhänge bzw. dynamischen Muster, die sich aus der Systemstruktur ergeben, grafisch dargestellt werden. Das System kann dann in weiteren Schritten an einer Flip-Chart oder auch an einer elektronischen Tafel bearbeitet werden, um die Entstehungsfaktoren sowie die aufrechterhaltende Dynamik eines individuellen oder interpersonellen Problemsystems sichtbar zu machen und daraus Ansatzpunkte für Lösungen und Veränderung zu erarbeiten. Die Komponenten des Systemmodells sowie deren Veränderungen bzw. Muster und Musterveränderungen von Einzelpersonen und Mehrpersonensystemen (Paare, Familien, Teams) können mithilfe des Synergetischen Navigationssystems (SNS), einem Internet- und App-basiertes Verfahren für das Real-Time Monitoring von Therapieprozessen, erfasst und visualisiert werden. Bei vielen Klientinnen und Klienten löst bereits die Systemmodellierung selbst einen Veränderungsprozess aus, indem sich die Sicht auf ihr Problem verändert. Das Vorgehen kann in der ambulanten und stationären Psychotherapie sowie in der Paartherapie eingesetzt werden. Es eignet sich auch für den Einsatz in nichtklinischen Anwendungsfeldern, wie z.B. der Jugendhilfe, im Bereich Coaching und Beratung sowie zur Teamentwicklung.