Nach dem Scheitern seiner beruflichen Karrieren, erst als Südtiroler Politiker, dann als Brückenbau-Consultant, ist Michl Siglmann an die Grenzen seiner Urteilskraft und seiner Prinzipienfestigkeit gestoßen. Heute (Herbst 2020) leidet der Achtzigjährige an Demenz. Seine Pflegerin Fatima war Lehrerin in ihrer Heimat Nigeria, bevor Boko Haram sie zur Flucht nach Südtirol zwang.
In Michls und Fatimas mal ernsten, mal wirren Gesprächen über Politik, Religion, Gerechtigkeit, Rassismus und die Bedeutung der eigenen Ideale bewegen sich Michls Gedanken vorwiegend in der Vergangenheit, unterbrochen durch Fantastereien und schmerzhafte, durch die Corona-Schutzmaßnahmen surreal verstärkte Angstvorstellungen. Gegenwärtige Gefahren blendet Michl aus, so auch die Drohungen und Beleidigungen der neonazistischen Wohnungsnachbarn gegenüber Fatima. Diese bemüht sich mit zunehmendem Erfolg, ihre Erfahrungen von Flucht und rassistischer Erniedrigung in Michls vergangenheitslastiges Weltbild einzubringen.
Angeregt durch den kurz nach 1850 erschienenen Reisebericht des Afrikaforschers Heinrich Barth (Im Sattel durch Nord- und Zentralafrika) begeben sich Michl und Fatima auf eine fiktive Reise von Tripolis (Libyen) in Fatimas Heimat, ohne die Wohnung jemals zu verlassen. Passagen aus Barths Buch veranlassen Michl und Fatima zur Reflexion und zu einem Brückenschlag in die Gegenwart, der sich dramatisch zuspitzt und Fragen nach der persönlichen Verantwortung und den verschiedenen Wegen der Gerechtigkeit aufwirft.