Wenn über Verkehrsthemen diskutiert wird, dann sind die Rollen meist klar verteilt: Autofahrer fahren immer Auto und fordern ihr Recht ein, Radfahrer sehen sich auf der Seite des Guten und sind es oft auch, der Busverkehr ist ebenso teuer wie unverzichtbar und verharrt in starren Strukturen vergangener Zeiten. Städte suchen nach Lösungen für eine nachhaltigere Mobilität und werden allein mit der Umverteilung von Ressourcen zu "mehr Rad" oder "mehr ÖPNV" nicht zum Ziel kommen. Die Verkehrswende ist mehr als das!
Keines der verfügbaren Verkehrsmittel sollte zum Selbstzweck werden. Das richtige Verkehrsmittel für den richtigen Zwecke einzusetzen ist das grundlegende Prinzip einer nachhaltigeren Fortbewegung. Hinzu kommen die Ziele, die für die Lebensqualität in unserem Alltag relevant sind: Der Verkehr in unseren Städten muss sauberer, sicherer, leiser, bedarfsgerechter und fließender werden.
Der Mut, neue Entwicklungen in der Mobilität zur Anwendung zu bringen und gewohnte Denkmuster zu durchbrechen, kann bei der Erreichung dieser Ziele helfen. Wir benötigen dazu einen Kompass, der uns den Weg durch die Verkehrswende erleichtert. Die wichtigste Voraussetzung ist die Offenheit für neue Wege, unsere innere Einstellung. Eine multimodale Verkehrsmittelnutzung erscheint uns zunächst kompliziert. Wenn die richtige Verkehrsmittelwahl aber der Schlüssel zu einer nachhaltigeren Mobilität ist, dann lohnt sich jede Mühe, die richtigen Anreize zu setzen und leicht zu nutzende Angebote zu entwickeln.
Wir werden immer mehr digital steuern, es wird zunehmend Busse geben, deren Einsatz von Nutzern beeinflusst wird, und wir werden an vielen Stellen unserer Städte Umstiegsorte aller Art haben, die Multimodalität zur Selbstverständlichkeit werden lassen. Für diese Mobility-Hubs müssen wir den nötigen Raum und die jeweils passenden Konzepte finden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir auch in sehr dicht besiedelten Bereichen wieder mehr Raum zum Leben zurückgewinnen.
Auch in Zukunft wird es noch sehr viele Autos geben, aber sie werden sich in ein Ökosystem einfügen, dessen Regeln von Nachhaltigkeit bestimmt werden. Natürlich darf Mobilität trotzdem noch Spaß machen, und auch die Bequemlichkeit wird nicht zu kurz kommen. Die meisten Mittel, die wir dazu benötigen, sind bereits heute verfügbar. Machen wir uns also auf den Weg in die Zukunft der Mobilität!
Marcel Philipp hat als Oberbürgermeister der Stadt Aachen (2009 bis 2020) zahlreiche Projekte für eine nachhaltigere Mobilität angestoßen und durchgeführt. Aachen wurde zur digitalen Modellregion und hat seine Rolle als Hochschulstadt durch eine eindrucksvolle Campusentwicklung neu definiert. Die im Umfeld der RWTH Aachen entstandenen Impulse in der Elektromobilität waren für den gelernten Handwerksmeister und Betriebswirt der Grund für eine umfassende Beschäftigung mit der Zukunft der Mobilität.